Expatriate – Fachkräfte langfristig ins Ausland schicken

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  • Interkulturelles Training

Dass die Globalisierung die weltweite Wirtschaft nachhaltig verändert, wurde in unserem Sprachenmagazin bereits an mehreren Stellen beleuchtet. Dass Fremdsprachen in diesem Kontext immer relevanter werden auch. In diesem Beitrag wollen wir uns mit einer Thematik auseinandersetzen, in der Fremdsprachenkenntnisse ganz besonders wichtig sind. Es geht um sogenannte Expatriates (oder kurz: Expats), also Fach- und Führungskräfte, die für einen längeren Zeitraum ins Ausland gehen, um dort zu arbeiten.

Definition: Was ist ein Expatriate?

Der offizielle Begriff Expatriate ist interessanterweise nur den wenigsten geläufig. Viel öfter wird stattdessen die Abkürzung Expat verwendet. Egal, welche Bezeichnung Sie bevorzugen, die Definition ist in beiden Fällen die gleiche:

Ein Expat ist eine Fachkraft, die häufig auch eine Führungsposition innehat und vom Arbeitgeber für einen längeren Zeitraum (meist ein bis drei Jahre) ins Ausland entsandt wird. Hier arbeitet er in der Regel in einer Zweigstelle des Unternehmens.

In Ausnahmefällen kommt es auch vor, dass der Expat nicht unternehmensintern „ausgeliehen“ wird, sondern im Gastland bei externen Firmen arbeitet.

Ziel der Auslandsaufenthalte ist es, die unterschiedlichen Zweigstellen eines Unternehmens besser miteinander zu vernetzen und das Know-How der Mitarbeiter untereinander aufzuteilen. Häufig werden Expats auch entsendet, um sich mit einer ganz konkreten Problematik auseinanderzusetzen und vor Ort eine Lösung zu finden.

Anforderungen an einen geeigneten Expatriate

Viele Unternehmen suchen händeringend nach guten Expats – denn es ist gar nicht so einfach, geeignete Mitarbeiter ausfindig zu machen. Obwohl es sich bei dieser Form des Auslandsaufenthalts um einen enormen Karrieresprung handelt, lassen sich die meisten Mitarbeiter von den teils großen Herausforderungen abschrecken. In der Tat ist nicht jede Fachkraft automatisch auch ein geeigneter Expat. Diese Anforderungen muss ein Mitarbeiter, der für längere Zeit ins Ausland will, unbedingt erfüllen:

  • ausgezeichnete Fremdsprachenkenntnisse
  • Weltoffenheit / Interesse an neuen Kulturen
  • interkulturelle Kompetenz
  • Lernbereitschaft
  • Belastbarkeit
  • Organisationstalent
  • Resilienz
  • körperliche und geistige Fitness
  • Berufserfahrung
  • unkomplizierte Familienverhältnisse
  • Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
  • Flexibilität
  • Improvisationstalent
  • berufliche Motivation


Wichtig: HR-Abteilung muss am Auswahlprozess beteiligt sein

Unternehmen, die einen Expat zu einer ausländischen Zweigstelle schicken wollen, überlassen die Auswahl häufig dem entsprechenden Fachbereich – immerhin weiß man hier, wer dieser Herausforderung am ehesten gewachsen ist und die nötige Erfahrung mitbringt.

Grundlegend ist das natürlich völlig korrekt, doch sollte eines nie aus den Augen verloren werden: Bestimmte Anforderungen an einen Expat kann der durchschnittliche Abteilungsleiter schlichtweg nicht erkennen und einschätzen. Es ist demzufolge unverzichtbar, die HR-Abteilung in diesen Prozess einzubeziehen und auf Ihre Fähigkeiten als erfahrener Personalmitarbeiter in Anspruch zu nehmen.

Auch wenn Sie vielleicht nicht die fachliche Eignung eines Mitarbeiters einschätzen können, haben Sie doch sehr wohl ein Gespür für seine Belastbarkeit, seine allgemeine Einstellung zum Unternehmen und auch seinen Fähigkeiten, sich weiterzuentwickeln.

Ohne Fremdsprachenkenntnisse kein Expatriate

Ein weiterer Grund für die enge Zusammenarbeit zwischen Fach- und Personalabteilung ist das Thema Fremdsprachenkenntnisse. Ein fachlich geeigneter Mitarbeiter bringt nämlich nicht automatisch auch die sprachlichen und interkulturellen Voraussetzungen für ein Expat mit sich.

Auch an dieser Stelle sind Sie als HR-Manager gefragt. Ihre Aufgabe ist es nicht nur, die Fähigkeiten und Kenntnisse einzuschätzen, sondern auch, eventuelle Weiterbildungsmaßnahmen vor dem Auslandsaufenthalt in die Wege zu leiten.

Hier sei darauf hingewiesen, dass Sie bei der Auswahl eines geeigneten Mitarbeiters für einen langfristigen Auslandsaufenthalt auf keinen Fall bei Null anfangen dürfen. Das bedeutet konkret: Der Kollege muss auf jeden Fall schon umfassende und sehr gute Fremdsprachenkenntnisse mitbringen, die vor dem Expatriate nur noch vertieft und verfeinert werden.

Nicht nur Fremdsprachenkenntnisse trainieren, sondern auch die interkulturelle Kompetenz

Der Begriff interkulturelle Kompetenz fiel bereits weiter oben im Beitrag, als es um die Anforderungen an einen Expat ging. Falls Sie mit diesem Terminus nichts anfangen können, empfehlen wir Ihnen diese Artikel aus unserem Sprachenmagazin: Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz: Ein unschlagbares Dreamteam und In-House Training: Interkulturelle Kompetenz.

Im Zusammenhang mit dem Thema Expatriate soll an dieser Stelle folgendes ergänzt werden: Mitarbeiter, die ins Ausland entsendet werden, müssen sich nicht nur mit den Einheimischen in deren Muttersprache unterhalten können. Sie müssen auch die dort herrschende Kultur verstehen und eine grundlegende Offenheit mit sich bringen. Das ist aus mehreren Gründen wichtig:

  • Der Mitarbeiter lebt sich schneller in seiner neuen Umgebung ein
  • Der Mitarbeiter wird schneller von seinem Umfeld akzeptiert
  • Der Mitarbeiter hat bessere Weiterentwicklungschancen
  • Der Mitarbeiter fühlt sich wohl und will das Expat nicht vorzeitig abbrechen


Oder kürzer: Interkulturelle Kompetenz ist von entscheidender Wichtigkeit für den Erfolg eines beruflichen Auslandsaufenthaltes – und zwar für alle Beteiligten.

Den Auslandsaufenthalt umfassend vorbereiten

Berufsverbände kritisieren immer wieder, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter arglos ins Ausland schicken und sie gar nicht richtig auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereiten. Tatsächlich entpuppt sich das „Abenteuer Expat“ für viele nach kurzer Zeit als Alptraum – beispielsweise weil sie sich wie Fremde oder Eindringlinge fühlen und keinen Anschluss finden.

Damit das nicht passiert, sollte der Aufenthalt im Ausland sorgfältig und umfangreich vorbereitet sein. Sprachtrainings und die Vermittlung interkultureller Kompetenz bilden hierbei die beiden wichtigsten Säulen, die durch weitere Aspekte ergänzt werden. Die Planung und Vorbereitung eines Expatriates gehört zu Ihren Aufgaben als Personal-Mitarbeiter. Im Zuge dessen müssen Sie auch immer wieder prüfen, ob sich der ausgewählte Mitarbeiter tatsächlich als Expat eignet oder nicht.

Was Sie sonst noch beachten sollten:

  • Der Expat sollte das Land im Vorfeld schon mindestens einmal bereist haben.
  • Das Thema Familiennachzug muss umfassend besprochen und eindeutig geklärt werden.
  • Ein Ansprechpartner oder Mentor vor Ort hilft dem Expat dabei, sich schneller in der neuen Umgebung einzuleben.
  • Besonders geeignete Sprachtrainings für Expats sind Tandem-Programme und Shadowings, die von Muttersprachlern durchgeführt werden.
  • Klären Sie, was passiert, wenn der Expat seinen Auslandsaufenthalt vorzeitig abbricht.


Längerfristige Auslandsaufenthalte sind vor allem in größeren Unternehmen an der Tagesordnung. Wenn auch Sie als HR-Mitarbeiter ein Expatriate planen, sollten Sie genügend Zeit in die Suche eines geeigneten Kollegen stecken. Themen wie Belastbarkeit, Flexibilität, Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz dürfen dabei auf keinen Fall außer Acht gelassen werden.

 

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